Jaki Liebezeit
- musicmakermark
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Deutscher Schlagzeuger, Multiinstrumentalist und Komponist, geboren am 26. Mai 1938 in Dresden als Hans Liebezeit. Seine Karriere begann er als Schlagzeuger bei Manfred Schoof (tp, flh), einem der europäischen Free Jazz-Musiker der ersten Stunde.

Dessen erste Formation mit Gerd Dudek (sax), Alexander von Schlippenbach (p), Buschi Niebergall (b) und Jaki Liebezeit und/oder Sven-Åke Johansson (dm) war Mitte der 1960er Jahre die Keimzelle des deutschen Free Jazz im allgemeinen und des Globe Unity Orchestras im speziellen.
Erste Aufnahmen dieser Gruppe erschienen als "Voices" (CBS, 1966) und zeigten das Schoof Quintett im Jahr 1966 mit Liebezeit als Drummer. Die komplette Schoof Formation mit Ausnahme von Johansson war am 3. November 1966 mit dem Peter Brötzmann Trio, bestehend aus Peter Brötzmann (ts, as), Peter Kowald (b) und Mani Neumeier (dm) sowie mit weiteren Musikern Bestandteil eines grösseren Orchesters von Alexander von Schlippenbach.
Mit diesem spielte der Pianist seine beiden Werke "Globe Unity" und "Sun" ein. Diese live aufgenommene LP hiess "Globe Unity" (Saba, 1967). Das Orchester wurde später als Globe Unity Orchestra eine der wichtigsten und langlebigsten Grossformationen des freien Jazz in Deutschland.
1966/67 entstanden jene Aufnahmen zur erst später auf den Markt gebrachten LP "The Early Quintet" (FMP, 1978) mit Liebezeit oder Johansson am Drumset. Auf "Manfred Schoof Sextet" (Wergo, 1967) waren beide Schlagzeuger nebeneinander zu hören.
Damals spielte das Schoof Quintet mit Liebezeit auch drei Werke des Komponisten Bernd Alois Zimmermann ein, die auf einer LP mit den Titel der drei Kompositionen (Wergo, 1967) erschienen. 1968 tat sich Liebezeit mit Holger Czukay (e-b) und Irmin Schmidt (key) zusammen.
Das Trio spielte zuerst unter dem Namen Inner Space. Daraus entwickelte sich mit dem Zuzug von Michael Karoly (g) und Macolm Mooney (vcl) die Experimental Rock-Formation Can. Neben seiner Tätigkeit bei Can veröffentlichte Liebezeit mehrere Aufnahmen unter eigenem Namen oder mit anderen Musikern.
Mit Jah Wobble (e-b, vcl) und mit dem Can-Mitmusiker Holger Czukay (g, org, p, frh, perc) als Co-Leader entstand die LP "Full Circle" (Virgin, 1982), von der vorgängig die Single "How Much Are They?" (Island, 1981) ausgekoppelt wurde.
Später nahmen Liebezeit und Wobble mit Philip Jeck (tt) "Live In Leuven" (30 Hertz, 2004) auf. Eine Aufnahme mit den drei Multiinstrumentalisten Pascal Comelade, Pierre Bastien und Jac Berrocal erschien unter dem Titel "The Oblique Sessions" (Les Disques Du Soleil Et De L'Acier, 1997).
"Secret Rhythms" (Nonplace, 2002) war eine Co-Produktion mit Burnt Friedmann (key, melodica, steel-dm, kalimba). Als weitere Musiker waren bei dieser Aufnahme Josef Suchy (g) und Morten Gronvad (vibes) dabei. Die "Secret Rhythms"-Reihe wurde später mit mehreren weiteren Veröffentlichungen fortgesetzt.
Die mit Hilfe von weiteren Musikern eingespielten Alben "Givt" (Fuego, 2006) und "Givt Return" (Fuego, 2007) erschienen unter dem Gruppennamen Datenverarbeiter vs. Jaki Liebezeit. Mit Robert Coyne (g, key) von der Kevin Coyne-Band nahm Jaki Liebezeit innerhalb von kurzer Zeit drei Alben auf.
Sie hiessen "The Obscure Department" (Meyer, 2013), "Golden Arc" (Meyer, 2014) und "I Still Have This Dream" (Meyer, 2016). Zu den Aufnahmen wurden weitere Musiker beigezogen. Unter dem Titel "The Liebzeit Trilogy" (Meyer, 2020) wurden diese drei Alben zusammengefasst. Das Set bestand aus drei LPs und einer 7"-Single.
Mit Hans Joachim Irmler (org) von Faust entstand dazwischen "Flut" (Klangbad, 2014), mit Holger Mertin (dm, perc) sowie anderen Mitmusikern "Akşak" (Staubgold, 2015). Daneben begleitete Liebezeit viele andere Musiker wie beispielsweise Brian Eno und Michael Rother bei Aufnahmen.
Liebezeit war Mitglied mehrere Bands, darunter auch der Damo Suzuki Band. Club Off Chaos hiess ein 1996 gegründtes experimentelles EBM-Trio von Liebezeit mit Dirk Herweg (strings) und Boris Polonski (synth). Von dieser Formation erschienen "Club Of Chaos" (Mute, 1998), "The Chance Of The Century" (Les Disques Du Soleil Et De L'Acier, 1998) und die Doppel-CD "Par et impar" (Eternity, 2001).
Letztere enthielt Studioaufnahmen auf CD 1 und Liveaufnahmen von 2000, mitgeschnitten bei einem Auftritt am 23. Oktober 2000 in Düsseldorf auf CD 2. Danach folgte mit Drums Off Chaos ein ähnlich benanntes Projekt aber mit anderen Musikern.
Mit Maria De Alvear (p) nahm Drums Off Chaos "Baum" (Maria De Alvear World Edition, 2011) auf. Von der Gruppe allein erschien zehn Jahre später mit "Drums Off Chaos & Jens-Uwe Beyer" (Magazine, 2011) ein weiteres Album.
The Flood hatte Mitte der 1980er Jahre eine Band mit Helmut Zerlett (key) und Julian Dawson (vcl, g, hca, perc) geheissen, von der das Album "As Real As Disneyland" (Polydor, 1987) und drei Singles erschienen. Dazu war Jaki Liebezeit eine Zeitlang Mitglied der Zeltinger Band von Jürgen Zeltinger gewesen.
Liebezeit war auch im Umkreis des Elektrobassisten Bill Laswell tätig. Er war Teil-Mitglied von Ekstasis, einem Gruppenprojekt von Niky Skopelitis (g), beim dem hauptsächlich Bill Laswell (e-b), Jah Wobble (e-b) sowie Zakir Hussain und Badal Roy (tabla) mitwirkten. Mit Laswell, Wobble, Harold Budd (key) und Graham Haynes (co) bildete Liebezeit die Solaris Band.
Mit Dominik von Senger (g), Helmut Zerlett (key), Olek Gelba (perc) und Rosko Gee (e-b) tat er sich anfangs der 1980er Jahre zur Phantom Band zusammen, von der "Phantom Band" (Sky, 1980) und "Freedom Of Speech" (Sky, 1981) erschienen. Auf der zweiten LP war Sheldon Ancel (vcl) an Stelle von Gee zu hören.
Ohne Gelba wurde "Nowhere" (Spoon, 1998) eine dritte Aufnahme eingespielt. B.I.L.L. war eine Formation mit Clive Bell (shakuhachi, div fl), Robert Lippock (elect) von To Rococo Rot und Hans Joachim Irmler (key) von Faust. "Spielwiese Zwei" (Klangbad, 2011) war die einzige Aufnahme dieses Quartetts.
Eine Formation mit Ian Tregoing (elect, perc) als Co-Leader trug die Bezeichnung Magnetik North und veröffentliche mit "Evolver" (Inky Blackness, 2012) eine Doppel-LP. Cyclopean nannte sich ein Quartett, bestehend aus Bernd Friedmann, Irmin Schmidt und Jaki Liebezeit von Can sowie Jono Podmore. Von diesem Quartett erschien die 12"-/DL-EP "Cyclopean" (Mute und Spoon, 2012).
Jaki Liebezeit verstarb am 22. Januar 2017, 78-jährig in Köln. Im Mai 2017 war ein Can-Konzert zum 50-jährigen Bestehen der Band geplant. Nachträglich kam das mit Marcus Schmickler und Hayden Chisholm eingespielte Album "Timekeepers II" (A-Musik, 2023) heraus. Liebezeit besitzt bei discogs.com über 350 Einträge als Musiker. 10/25


