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Béla Bartók

  • musicmakermark
  • 17. Aug.
  • 6 Min. Lesezeit

Ungarischer Komponist, Pianist und Musikethnologie, geboren am 25. März 1881 in Gross-Sankt-Nikolaus (heute: Nagyszentmiklós) in der damaligen Monarchie Österreich-Ungarn. Bartóks Vater, Béla Bartók der Ältere, war Direktor einer landwirtschaftlichen Schule und spielte Cello in einem Amateurorchester.

 

Seine Mutter Paula Bartók war Lehrerin. Nach dem frühen Tod des Vaters 1888 übernahm die Mutter allein die Erziehung und gab Bartók den ersten Klavierunterricht. Damals lebte Bartók mit seiner Mutter in Nagyszőllős, dem heutigen Wynohradiw in der Ukraine und in Beszterce (heute: Bistritz).


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Dann wechselte er für die höhere Schule nach Pozsony (Pressburg, heute Bratislava in der Slowakei). Schon früh fiel Bartóks aussergewöhnliche musikalische Begabung und sein absolutes Gehör auf. Ebenfalls früh begann Bartók zu komponieren. Mit elf Jahren trat Bartók zum ersten Mal öffentlich auf.

 

Bei einem Wohltätigkeitskonzert in Nagyszöllös spielte er unter anderem einen Satz aus einer Beethoven-Sonate und seine eigene Komposition "Lauf der Donau". Im Alter von zwölf Jahren spielte Bartók in Beszterce Violinsonaten von Beethoven und Mendelssohns Violinkonzert.

 

Früh fiel allerdings auch seine Neigung zu allerlei Krankheiten auf, was ihn ein Leben lang begleitete und auch für seinen frühen Tod verantwortlich war. Bartók studierte unter dem Liszt-Schüler István Thomán Klavier und unter János Koessler Komposition.

 

Koesslers Unterricht passte ihm allerdings nicht. An der Königlichen Musikakademie von Budapest lernte er um 1905 Zoltán Kodály kennen. Dieser brachte Bartók dazu, sich vermehrt mit der Volksmusik zu befassen. Diese Tätigkeit hatte nachhaltigen Einfluss auf Bartóks künstlerischen Stil.

 

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er die ungarische Volksmusik vor allem mit der von Roma in den Städten vorgetragenen Musik in Verbindung gebracht, so wie sie etwa von Franz Liszt in den "Ungarischen Rhapsodien" oder auch von Johannes Brahms in den "Ungarischen Tänzen" verarbeitet worden war.

 

Es stellte sich heraus, dass es sich bei Brahms und Liszt um romantisch nachempfundene, neu komponierte Kunstlieder handelte. Bartók dagegen suchte nach der originären Musik der ländlichen Bevölkerung. Er war ein ausgezeichneter Pianist und strebte zunächst auch eine Karriere als solcher an.

 

1907 bekam er von der Königlichen Akademie eine Anstellung als Professor. Dies machte es ihm möglich, in Ungarn zu bleiben, anstatt als Pianist Tourneen durch Europa unternehmen zu müssen. 1907/08 komponierte er mit dem 1. Violinkonzert eines seiner persönlichsten Werke.

 

Damals hatte ihn eine unglücklich verlaufende Liebe zu der knapp 20-jährigen Violinistin Stefi Geyer erfasst. Er widmete ihr sein erstes Violinkonzert und schenkte ihr die Partitur. Stefi Geyer spielte das Konzert nie öffentlich und hielt das Manuskript beinahe ein halbes Jahrhundert unter Verschluss.

 

Während dieser Zeit bekam niemand die Partitur zu Gesicht, sie galt sogar zeitweise als verschollen. Wenige Jahre vor ihrem Tod beschloss Stefi Geyer, dass das Werk nach ihrem Tod aufgeführt werden solle. Sie vertraute ihr Geheimnis Paul Sacher an. Stefi Geyer starb 1956.

 

Die Partitur wurde Sacher, dem Leiter des Basler Kammerorchesters und späteren Kunstmäzen, mit dem Bartók seit den 1930er Jahren engen Kontakt hielt, überreicht. Das wiederum brachte ein merkwürdiges Zusammentreffen ans Licht.

 

Das Stefi-Motiv Bartóks aus drei Terzen [D–Fis–A–Cis] war identisch mit einem zentralen Motiv in Willy Burkhards 1943 vollendetem, Stefi Geyer und Paul Sacher gewidmeten Violinkonzert. Erst 1958 wurde Bartóks Violinkonzert uraufgeführt.

 

Für den Dienst in der k.u.k. Wehrmacht war Bartók untauglich. Er war jedoch von 1915 bis 1918 mit dem Dirigenten und Komponisten Bernhard Paumgartner in der Musikabteilung des Kriegspressequartiers des k.u.k.-Kriegsministeriums unter anderem für das Sammeln von Soldatenliedern zuständig.

 

Er arbeitete in Budapest und war für den transleithanischen Teil der Doppelmonarchie der Habsburger zuständig, während Paumgartner in Wien arbeitete und für den cisleithanischen Teil zuständig war. Gemeinsam gaben sie für die k.u.k.-Wehrmacht ein Liederbuch für Soldaten heraus, das mehrere Auflagen erlebte.

 

Bartóks Mitarbeiter in der Musikabteilung in Budapest war sein Freund und Komponist Zoltán Kodály. Im Jahr 1909 hatte Bartók Márta Ziegler geheiratet. Ihr Sohn Béla junior wurde 1910 geboren. 1911 schrieb Bartók seine einzige Oper "Herzog Blaubarts Burg", die er seiner Frau Márta widmete.

 

Das Werk war sein Beitrag zu einem Wettbewerb, der von der ungarischen königlichen Kommission für Schöne Künste ausgeschrieben worden war. Doch diese wies das Werk mit der fadenscheinigen Begründung zurück, es sei unspielbar.

 

Hinter dieser Begründung steckte der Konservatismus des Erzhauses Habsburg und damit wohl auch eine Angst vor Neuem. Neu war vor allem die ungewohnte Dramaturgie: Der kurze Einakter mit einer Spielzeit rund einer Stunde ist im Grunde nur ein fortwährender Dialog nur zweier Figuren, von Blaubart und Judith.

 

Bis 1918 wurde die Oper kein einziges Mal aufgeführt. Als die königliche Regierung Bartók unter Druck setzte, den Namen des Librettisten Béla Balázs aus politischen Beweggründen aus dem Programm zu entfernen, weigerte sich Béla Bartók und liess die Uraufführung ins Wasser fallen.

 

Am 24. Mai 1918 wurde das Werk Beifall uraufgeführt. Den Rest seines Lebens stand Bartók der ungarischen Regierung kritisch gegenüber. Aus seiner Enttäuschung über die Kommission für Schöne Künste komponierte er in den nächsten zwei, drei Jahren weniger und konzentrierte sich verstärkt darauf, eine Sammlung ungarischer Volkslieder aufzubauen.

 

Als hauptsächliches Resultat ging daraus 1922/23 "Das ungarische Volkslied" (Originaltitel: "A magyar népdal") hervor. Dabei handelt es sich nicht um einen Sammelband ungarischer Volksmelodien und -texte, sondern um einen wissenschaftlichen Versuch einer Systematisierung von Melodien nach Typen, ungefährem Alter und regionalem Auftreten.

 

Dazu griff Bartók auf einen gewaltigen Schatz von rund 3000 Melodien und Texten zurück, die überwiegend von ihm selbst, aber auch durch andere Forscher, direkt der ländlichen Bevölkerung abgehört wurden. Während dieser Feldforschungen wurden die Melodien entweder phonographiert und später transkribiert oder direkt vor Ort in Notenschrift gebracht.

 

Bartóks Reisen führten durch Ungarn bzw. durch grosse Gebiete, die später, das heisst ab 1945, zu Rumänien, der Slowakei, der Ukraine oder zu Serbien gehörten. Dazu reise er nach Russland, in die Türkei und nach Nordafrika. Auf seiner Reise durch die Türkei zwang ihn der Ausbruch des Ersten Weltkrieges diese sowie vorerst weitere Expeditionen auf der Suche nach Volksliedern einzustellen.

 

Bartók widmete sich wieder vermehrt dem Komponieren. Aus dieser Phase seines künstlerischen Schaffens gingen das Ballett "Der holzgeschnitzte Prinz" (1914–1916) und sein "2. Streichquartett" (1915–1917) hervor. Danach arbeitete er an einem weiteren Ballett, das "Der wunderbare Mandarin" hiess und in seiner expressiven Tonsprache Parallelen zu Igor Strawinski aufwies.

 

Obwohl Bartók die Arbeit 1918 begann und 1924 abschloss, wurde das Ballett bis 1926, wohl vor allem aufgrund seines anstössigen Sujets – Prostitution, Räuberei und Totschlag – nicht aufgeführt. Nach der Uraufführung im November 1926 in Köln liess der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer aufgrund sittlicher Bedenken weitere Aufführungen verbieten.

 

Béla Bartók liess sich 1923 von Márta scheiden und heiratete eine Klavierstudentin namens Ditta Pásztory. Bartóks zweiter Sohn Péter wurde 1924 geboren. Für Péters Musikunterricht komponierte Bartók eine sechsbändige, nach Schwierigkeitsgraden abgestufte Sammlung von Klavierwerken, die als Mikrokosmos von Klavierschülern noch heute benutzt wird.

 

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der sich sukzessive verschlechternden politischen Lage in Europa wollte Bartók Ungarn verlassen. Nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernommen hatten, weigerte er sich, in Deutschland aufzutreten und wandte sich von seinem in Deutschland ansässigen Verleger ab.

 

Zudem untersagte er deutschen und italienischen Radiosendern 1937, seine Werke weiterhin auszustrahlen. Seine liberalen Ansichten brachten ihn im damals rechtsradikalen Ungarn in Schwierigkeiten. 1940 emigrierte er zusammen mit seiner Frau in die USA. Bartók fühlte sich allerdings in den USA nicht wohl.

 

Zudem kannte man Béla Bártok in den USA kaum, und an seinen Werken bestand nur geringes Interesse, obwohl sich sein ungarischer Landsmann, der ebenfalls in die USA emigrierte Pianist Andor Földes, in seinen Konzerten immer wieder für das Werk Bartóks einsetzte.

 

Bartók und seine Frau gaben Klavierunterricht, auch Konzerte, und waren zeitweilig mit einer Forschungsarbeit über serbische Volkslieder beschäftigt. An der Harvard University hielt er einige Vorlesungen, unter anderem über das Komponieren im 20. Jahrhundert.

 

Diese sind an der Harvard University als Tonaufnahmen dokumentiert und in verschiedenen fachlichen Publikationen in Ausschnitten als Abschriften zitiert. Dennoch war die finanzielle Lage der Familie ebenso wie Bartóks Gesundheit in einem bedenklichen Zustand.


Ab 1943 gab es nochmals eine letzte Aufhellung in Bartóks von Krankheit und Geldnot geprägtem Leben in den USA. Die amerikanische Vereinigung der Komponisten, Autoren und Verleger (ASCAP) ermöglichte ihm eine Behandlung und eine Kur. Sergei Kussewizki beauftragte ihn mit einem Orchesterwerk.

 

Yehudi Menuhin wünschte sich von ihm eine Violinsonate, William Primrose ein Bratschenkonzert und sein Verleger Ralph Hawkes ein 7. Streichquartett. Die Auftragsarbeit für Sergei Kussewizki, das Konzert für Orchester, wurde das vielleicht bekannteste Werk Bartóks. Bartók fand so noch einmal einige Kraft zum Komponieren.

 

Er begann mit seinem kühlen und fast neo-klassizistischen 3. Klavierkonzert, dem Bratschenkonzert und seinem 7. Streichquartett. Die Arbeiten gerieten aber zu einem Wettlauf mit dem Tod. Das Bratschenkonzert blieb unvollendet und wurde erst später von seinem Schüler Tibor Serly vervollständigt.

 

Die Arbeit am 7. Streichquartett brach er jedoch bereits nach einigen Takten ab. Am 26. September 1945 starb Béla Bartók in New York City 64-jährig an Leukämie. Er wurde auf dem Ferncliff-Friedhof in Hartsdale, New York, beerdigt.

 

Erst 1988, angesichts des politischen Tauwetters in Ungarn, konnten die sterblichen Überreste nach Budapest überführt und dort am 7. Juli 1988 im Rahmen eines Staatsbegräbnisses auf dem Friedhof Farkasrét beigesetzt werden.

 

Bela  Bartók gilt als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, wird aber nicht der Avantgarde zugerechnet. Besonders im Bereich der Kammermusik zählen die Kompositionen Bartóks zu den bedeutendsten in der Musik des 20. Jahrhunderts. Bartóks Werke fanden den Weg auf über 1000 Schallplatten.

 

Sein komplettes Werk wurde im Rahmen des 29 CD umassenden Sets "Bartók Complete Edition" (Hungaroton Classic, 2000) dargestellt. Mit 32 CDs noch umfangreicher war das Boxset "Complete Works" (Decca, 2016). "The Complete String Quartets" (Documents, 2017) erstreckte sich über zehn CDs, "The Hungarian Soul" (Warner Classics, 2021) über 20 CDs.                                                                         08/25

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