top of page

Derek Bailey

  • musicmakermark
  • 10. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Britischer Free Improv-Gitarrist und Buchautor, geboren am 29. Januar 1932 in Sheffield. Im Alter von 10 Jahren begann er Gitarre zu spielen. Zuerst war er Sessionmusiker in Clubs, Dance Halls oder bei Radiosessions und Theateraufführungen.


ree

 

1963 gründete er mit dem dem heutigen Komponisten Gavin Byars (b) sowie Tony Oxley (dm) das Joseph Holbrooke Trio. Den Gruppennamen entlehnten sich die Musiker vom englischen Komponisten Joseph Holbrooke (1878-1958).

 

1966 zogen die drei Musiker nach London. Dort wurde Bailey Mitglied des Spontaneous Music Ensembles von John Stevens, dem er vorerst als festes und später als spontan bis Mitte der 1970er Jahre angehörte. Daneben machten Bailey und Stevens im Duo oder in Trios auch Aufnahmen ausserhalb des SME (siehe Derek Bailey in Duoaufnahmen bzw. Derek Bailey in Trioaufnahmen).

 

Ende der 1960er Jahre fand Bailey Anschluss an die Free Szene in Deutschland, wo er bei einigen epochalen Aufnahmen dieser Musiker  mitwirken konnte. Im April 1969 holte Peter Brötzmann Bailey, Evan Parker (ss, ts), Fred Van Hove (p), Buschi Niebergall (b) und Han Bennink (dm) zu Sextettaufnahmen ins Studio. Diese erschienen auf der A-Seite der LP "Nipples" (Calig, 1969).

 

Von den selben Sessions stammt die Musike von "More Nipples" (Atavistic, 2003) mit Bailey in einem der drei Tracks. Im Juni 1969 wurde er von Manfred Schoof (tp) für die Aufnahmen von "European Echos" (FMP, 1969) engagiert. Das Lineup dieser ersten europäischen Free Jazz-Bigband-Aufnahme liess sich wie ein Who's Who des damaligen europäischen Free Jazz.

 

Am 22. März 1970 machte Bailey mit Peter Brötzmann (ts), Willem Breuker (ts), Evan Parker (ts, ss), Paul Rutherford, Malcolm Griffith und Willem van Manen (tb), Buschi Niebergall (b), Fred Van Hove (b) und Han Bennink (dm) Aufnahmen, die erst später als "Fuck de Boere" (Atavistic UMS, 2001) heraus kamen.

 

Bailey war in jener Zeit zudem Mitglied des Tony Oxley Quintets. Mit Tony Oxley (dm) und Evan Parker (ss, ts) gründete Bailey 1970 das "Incus"-Label. Aufnahmen dieses Trios für eine erste LP kamen nie heraus, weil die Bänder verschwanden. Tony Oxley und Derek Bailey spielten später noch mehrfach zusammen.

 

Zwischen 1968 und 1971 bildeten Bailey und Evan Parker mit dem ehemaligen Stockhausen-Assistenten Hugh Davies (live elect), Jamie Muir (perc), sowie teilweise mit Christine Jeffrey (vcl), die Music Improvisation Company. Von diesem Quintett erschien eine gleichnamige LP (ECM, 1970).

 

Weitere Aufnahmen der Music Improvisation Company ohne Jeffrey von 1969 und 1970, erschienen unter dem Titel "1968-1971" (Incus, 1976). Aus der Music Improvising Company heraus entwickelte sich ab 1976 die Idee, europäische und amerikanische Musiker für Aufnahmen gemeinsame zusammenzubringen.

 

Diese Company genannten Treffen in London dauerten jeweils eine Woche. Bei der Wahl der Gäste bewies Derek Bailey ein gutes Geschick, denn die meisten von ihnen bildeten später die Elite der Improvisationsszene. Alle Begegnungen wurden aufgenommen und kamen bei "Incus" heraus.

 

Eine Quartettaufnahme von Bailey mit John Tchicai (as), Misha Mengelberg (p) und Han Bennink (dm, perc) vom März 1970 wurde erst später unter dem Titel "Fragments" (ICP, 1978) veröffentlicht. Im Mai 1970 kam es zu einer Septett-Session von Bailey, Mengelberg und Bennink mit Evan Parker (ss, ts), Peter Bennink (as, bagpipes), Peter Brötzmann (ts) und Paul Rutherford (tb). Das Resultat hiess "Groupcomposing" (ICP, 1978) und erschien ebenfalls mit Verspätung.

 

Die ersten Duoaufnahmen hatte Bailey mit Dave Holland (b) gemacht. Sie erschienen unter dem Titel "Improvisations For Cello And Guitar" (ECM, 1971) und bildeten den Aufnahmen zu einer ganzen Reihe von weiteren Duoaufnahmen. Im selben Jahr erschien mit "Solo Guitar" (Incus, 1971) auch Baileys erste von vielen Soloaufnahmen (siehe Derek Bailey in Soloaufnahmen).     

 

Bailey und Evan Parker wurden 1971 vom Soundtüftler Basil Kirchin für dessen Experimente beigezogen. Dieser experimentierte zu jener Zeit mit Soundcollagen, die aus Feldaufnahmen und improvisierter Musik bestanden. "Worlds Within Worlds" (Columbia, 1971) hiess eine LP. Weitere Aufnahmen kamen erst später heraus.     

 

Bailey war zu Beginn der 1970er Jahre Mitglied des Globe Unity Orchestras und machte bei den Aufnahmen von Teilen der LP "Ode" (Incus, 1972) des London Jazz Composers Orchestras von Barry Guy mit. Derek Bailey, Barry Guy (g) und Paul Rutherford (tb) bildeten ab jenen Jahre das Trio Iskra 1903 sowie den Grundstock zur erweiterten Version, des Ensembles Iskra 1912 (siehe Iskra 1903/3/1904/1912). Später wurde Bailey durch Phil Wachsmann (vio) abgelöst.

 

Am 3. Mai 1978 trat er in Japan mit Abe Kaoru (as), Toshinori Kondo (tp) und Motoharu Yoshizawa (b) auf. Dabei wurde die LP "Aida's Call" (Starlight Furniture, 1999) mitgeschnitten. Mit den selben drei Musikern sowie zusätzlich mit Mototeru Tagaki (as, ts) und Toshi Tsuchitori (dm) war es zuvor zu Duo- und Trioaufnahmen gekommen, die aktuell veröffentlicht wurden.

 

Derek Bailey war in den 1970er Jahren und danach mehrmals dabei, als sich führende Free Improv-Musiker zu Sessions trafen. Dabei kam es zu Begegnungen von Bailey mit Leuten Sven-Åke Johansson, George Leis, Alexander von Schlippenbach, Günter Christmann, Paul Lovens, Paul Lytton, Wolfgang Fuchs, Maarten Altena, Giancarlo Schiaffini, Phil Wachsman und anderen.

 

Bei einem weiteren solchen Treffen standen im Oktober 1980 Derek Bailey und Evan Parker amerikanischen Musikern gegenüber. Die beiden britischen Musiker wurden vom Rova Saxophone Quartet ans Metalanguage Festival Of Improvised Music in San Francisco eingeladen.

 

Weitere Gäste waren Toshinori Kondo (tp) und Greg Goodman (p, perc). Nach Studioaufnahmen ohne Bailey traten diese Musiker ohne Rova-Mitglied Ackley am 21. Oktober in der Great American Music Hall in San Francisco auf. Neben einer Kollektiv-Improvisation spielten die Musiker in kleineren Formationen, darunter Bailey drei Duos mit Rova-Mitglied Raskin (bars, as, cl).

 

Ausschnitte dieses Konzertes erschienen als "Metalanguage Festival Of Improvised Music, Volume 2: The Science Set" (Metalanguage und Beak Doctor, 1980). "Improvised Music New York 1981" (MuWorks, 1992) hiess eine Live-Begegnung von Derek Bailey und Fred Frith (g) mit Bill Laswell (e-b), John Zorn (as), Sonny Sharrock (g) sowie Charles K. Noyes (dm) im "The Kitchen".

 

Ein Experiment war die Begegnung von Bailey mit Pat Metheney (g) sowie den beiden Schlagzeugern Gregg Bendian und Paul Wertico. Zwei der drei CDs von "The Sign Of 4" (KFW, 1997) entstanden live in der "Knitting Factory" in NYC, eine dritte CD während den selben Tagen in einem New Yorker Studio.

 

Wiederentdeckte Aufnahmen mit Charlie Morrow (tp, ocarina, voice) kamen unter dem Titel "New York 1982" (Recital, 2022) heraus. Weitere Beteiligte waren Glen Velez (perc) sowie teilweise Patricia Burgess (sax), Steve McCaffery (voice, sax) sowie Carol Tuynman und/oder Michael Snow (tp).  

 

Von 1984 stammen die im IRCAM in Paris mitgeschnittenen Liveaufnahmen auf "Rainbow Family" (Carrier, 2020). Dabei war es zu einem Gipfeltreffen von Bailey mit Douglas Ewart (bcl, div fl), Steve Lacy (ss) und Joëlle Léandre (b) gekommen. Dazu kam George Lewis, der die Musik über Computer laufen liess, welche die Musik bearbeiteten.

 

"Playbacks" (Bingo, 1999) zeigt Bailey als Improvisator über vorgefertige Basistracks von Darryl Moore, Hery Kaiser, Casey Rice, John Herndon, Tied & Tickled Trio, Bundy K. Brown, John Frenc, Ko Thein Htay, Sasha Frere-Jones, John Oswald sowie Jim O'Rourke & Loren Mazzacane Connors.

 

Bailey und Peter Brötzmann trafen in Japan mit Sabu Toyozumi (dm, perc) auf. Die am 16. November 1987 mitgeschnittene LP hiess "Live in Okayama" (Improvised Company, 2000) und enthielt einen Solo-Track von Bailey, ein Duo von Brötzmann und Sabu Toyozumi sowie einen Trio-Track.

 

Auf "Visitors Book" (Incus, 2002) fanden sich Duo-Tracks, die Bailey zwischen 1994 und 2002 mit Musikern wie Antoine Berthiaume (g), Ingar Zach (dm), Tony Bevan (bas) und Will Gaines (tap dance) bei separaten Produktionen aufgenommen worden waren.

 

Dazu kamen eine Trio-Aufnahmen von Bailey mit Oren Marshall (tuba) und John Butcher (ts) sowie eine Quartett-Aufnahme mit Sonic Pleasure (bricks), THF Drenching (dictaphone) und Alex Ward (cl). Bailey, Sonic Pleasure, THF Drenching und Ward hatten mit Tony Bevan (bas) eine CD-R aufgenommen, die als "Limescale" (Incus, 2003) veröffentlicht wurde.

 

"Good Cop, Bad Cop" (No-Fi, 2009) war eine Liveaufnahme von 2003 mit Derek Bailey (g), Tony Bevan (bas), Paul Hession (dm) und Otomo Yoshihide (tt, g). Unter dem Titel "Tout Rectangle : Complete Derek Bailey" (Rectangle, 2011) wurden alle 43 Solo-, Duo- und Trio-Tracks, die Bailey je für dieses Label eingespielt hatte, in DL-Form zusammengefasst.            

 

Aufnahmen, die Derek Bailey (g), Joëlle Léandre (b) George Lewis (tb) und Evan Parker (ts, ss) 1982 in Paris gemacht hatten, erschienen unter dem Titel "28 Rue Dunois Juillet 1982" (Fou, 2014) auf einer CD. Bailey war mit einem 20:40-minütigen Track von 1981 auf der Doppel-LP "Another Evening At Logos" (Sub Rosa, 2015) vertreten.

 

Auf "L'Astrolab (1994 02-1)" (Noël Akchoté DL, 2016) ist eine Begegnung der Gitarristen Derek Bailey und Noël Akchoté mit Thierry Madiot und Yves Robert (tb) sowie mit Daunik Lazro (as, bars) dokumentiert.

 

Virtual Company hiess eine fiktive Gruppe bzw. eine Liveaufnahme (Confront, 2020), auf der Simon H. Fell (b) und Mark Wastell (cello, perc) bei einem Auftritt im Cafe Oto in London zu Klängen von Bailey und Will Gaines (tap dance) zu hören sind.   

 

"Derek Bailey And The Story Of Free Improvisation" (Verso, 2004) hiess ein Buch von Ben Watson, das die Karriere von Derek Bailey beleuchtete. Derek Bailey  war am 25. Dezember 2005 in London rund einen Monat vor seinem 76. Geburstag an einer Nervenkrankheit verstorben.

 

Bailey hinterliess auch Spuren auf Aufnahmen von Kenny Wheeler, Steve Lacy, Michael Waisvisz, Gavin Bryars, Jon Rose, Joëlle Léandre, Peter Kowald, Jin Hi Kim, Ian Smith, Paul Haines, Otomo Yoshihide, Shaking Ray Levis, Antoine Berthiaume, Thirteen Ghosts, Vertrek Ensemble, Bruise und vielen anderen.                                                09/25

Compendium musicum

©2023 von Compendium musicum. Erstellt mit Wix.com

bottom of page